Samstag, Februar 26, 2011

FILM // 127 Hours (2010)














Schon nach den ersten Metern Zelluloid weiß der Filmliebhaber, mit wem er es zu tun hat. Danny Boyle, Clip-Ästhet und Farbfilter-Guru. Nur sehr wenige Regisseure schaffen es, eine solche Intensität in wenigen Sekunden aufzubauen. Auch 127 HOURS macht diesbezüglich keine Ausnahme. Nach einer kurzen Einleitung sitzt der Zuschauer mit der Hauptfigur zusammen in einem Canyon gefangen und wird dabei gezwungen, so manche bittere Pille zu schlucken.

Obwohl die Sichtung dieses Filmes alles andere ist, als ein gemütlicher Spaziergang, wirkt 127 HOURS unheimlich lebensbejahend. Selten war der essentiellste aller Kämpfe - nämlicher der um das eigene Überleben - so dermaßen motivierend inszeniert. Es wäre nur zu einfach gewesen, die Schlucht in der James Franco um sein Leben spielt, zu einem Jammertal verkommen zu lassen. Doch das interessiert Danny Boyle überhaupt nicht. Er fängt direkt damit an, jede einzelne Phase dieser Extemsituation zu sezieren: Anfängliche Wut über die eigene Person, Angst vor dem was kommt, Panik... bis hin zum letzten und alles entscheidenden Funken Hoffnung. Dieser ist es auch, der in 127 HOURS nie erlischt. Der erbitterte Wunsch zu leben behält immer die Oberhand, scheut angesichts der Lage überraschend oft auch Humor als Emotionskanal nicht. Dies verwundert den Zuschauer vielleicht gerade deswegen auch in vielen Szenen, weil die Sehgewohnheiten zu einer solchen Situation in anderen Werken so arg abweichen.

James Franco verkörpert den Mann, dessen Geschichte in 127 HOURS erzählt wird, mit einer beängstigenden Souveränität. Er stellt erneut unter Beweis, dass er zu den Hoffnungsträgern des jungen Hollywood gezählt werden darf, ohne in Erklärungsnot zu geraten. Audiovisuell hat Boyle wie schon erwähnt alles im Griff, ab und an verliert sich der Film aber leider etwas in den technischen Spielereien. Hier wäre es ratsam gewesen, sich mehr mit Franco's Figur zu beschäftigen, als immer wieder in bester (Aronofski) Manier Kohlensäure-Perlchen in der Trinkflasche zu zeigen oder abermals aus der Schlucht herauszuzoomen. Auch die vermeidlichen Zukunftsvisionen, mit denen die Hauptfigur im letzten Drittel kämpft, sind bildsprachetechnisch etwas zu viel des Guten. Die Frage danach, ob man eine Amputation des eigenen Arms nun in solcher Konsequenz zeigen muss, stellt sich jedoch überraschender Weise nicht. Gerade weil 127 HOURS den Zuschauer am Kittel packt und in das Geschehen reinzieht, fühlt man sich letzten Endes so betroffen und berührt. In diesem Moment wird einem klar, dass man vergleichbare Szenen zwar schon häufiger gesehen hat, diese im Gegensatz zur boyleschen aber nicht einmal ansatzweise an den hypothetischen Schmerz heranreichen, den 127 HOURS verursacht, wenn er uns nicht nur von den glorreichen Taten eines Helden erzählt, sondern auch von dessen Leid.

Wertung: 7,5 von 10

1 Kommentar:

Flo Lieb hat gesagt…

In der Tat ein sehr lebensbejahender Film mit einigen von dir erwähnten Schwächen (Zukunftsvisionen), die etwas überbordend ausfallen.